Wie digitale Plattformen unser Selbstbild beeinflussen
In einer Welt, in der Likes, Follower und perfekt inszenierte Bilder den Alltag vieler Menschen prägen, geraten Selbstwertgefühl und Körperwahrnehmung zunehmend unter Druck. Soziale Medien wie Instagram, TikTok oder WhatsApp sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Dabei sollen sie vor allem eines: unterhalten. Mit jedem Like oder Kommentar werden die Darstellungen – oft eben von Körpern – bewertet.
Was machen diese Bewertungsmechanismen mit dir? Postest du häufig Bilder von dir? Genießt du die Anerkennung oder bekommst du auch mal einen fiesen oder sexistischen Kommentar? Oder postest du lieber Landschaften oder überhaupt nichts und schaust dir nur an, was andere posten? Selbst dann bist du nicht vor dem geschützt, was das ständige Bewerten von Körpern mit uns macht. Selbst wenn du es nicht bewusst wahrnimmst, merkt sich dein Unterbewusstsein anhand der Reaktionen, was im digitalen Raum gefeiert oder eben gehatet wird. Unterbewusst entsteht ein Ranking.
Wahrnehmen ist nicht nur ein Denkprozess
Wie wir etwas bewerten – das ist auch kulturell geprägt. Das, was uns täglich umgibt, was wir ständig sehen und was sich wiederholt, empfinden wir als normal. In gewohnter Umgebung fühlen wir uns in der Regel wohl. Was wir als normal oder typisch empfinden, hängt von vielen Faktoren ab – zum Beispiel von unserer sozialen Prägung, der Erziehung, unserem Alter oder davon, wo wir wohnen und unseren Alltag verbringen. Dieses gespeicherte Wissen beeinflusst außerdem unseren Geschmack – also, was wir schön oder interessant finden.
Das erklärt auch, warum sich Instagram, TikTok oder Snapchat unterschiedlich anfühlen und dort jeweils andere Regeln und Gewohnheiten gelten. Denn diese Plattformen werden von verschiedenen Gruppen genutzt. Jede App hat deshalb ihre eigene Kultur – und damit ihren eigenen Stil, wie man dort Bilder zeigt oder was als „gut“ gilt. Dadurch entstehen bestimmte Schönheitsideale oder Bildstile, die besonders häufig vorkommen. Einen weiteren Einfluss hat die Bildbearbeitung – Filter verändern den Maßstab dessen, was als „schön“ gilt.
Das heißt jedoch nicht, dass es keine Vielfalt gibt. Zum Beispiel bringen unterschiedliche Themen jeweils eigene Trends hervor. Es macht außerdem einen Unterschied, ob ein Teenager, eine modeinteressierte Person oder eine junge Mutter die App nutzen. Dabei kommen unterschiedliche Meinungen und Machtverhältnisse ins Spiel. Manchmal entsteht daraus auch Widerstand oder es entwickeln sich neue Ideen – etwa Profile, die bewusst auf Filter verzichten, möglichst authentische Bilder posten und/oder immer wieder betonen, dass Körper nicht bewertet werden sollten.
Jedenfalls betrachten wir das Gesehene nie neutral – unsere Herkunft, unsere Gewohnheiten und unser „Bauchgefühl“ beeinflussen, wie wir etwas bewerten. So kommt es, dass manche ein Bild als cool, andere hingegen als geschmacklos oder unästhetisch empfinden. Unser Gehirn verarbeitet Bilder nicht nur logisch – es löst auch Gefühle in uns aus.
Die Rolle von Social Media
Bilder bilden nie die eigentliche Realität ab. Plattformen wie Instagram und TikTok sind voll von Bildern, die ein bestimmtes Szenario vermitteln. Die Sport-Influencerin wird gewiss darauf achten, dass ihre Muskeln definiert aussehen, Mode wird ins richtige Licht gerückt, und bei perfekter Haut hilft schon mal ein Filter oder das richtige Make-up. Was wir zu sehen bekommen, ist in der Regel kein Schnappschuss. Wahrscheinlich waren beim Versuch der optimalen Aufnahme etliche Bilder dabei, die weniger vorteilhaft aussahen. Das eine, das es dann in die Öffentlichkeit geschafft hat, vermittelt hingegen Perfektion oder einen besonderen Aufreger. Manche Content Creator betreiben ihre Profile zudem hauptberuflich. Sie beschäftigen sich den ganzen Tag mit dem, womit sie dich unterhalten möchten. Daher kann ein Vergleich mit diesen Menschen frustrierend sein. Insbesondere bei Profilen, die Mode, Beauty und Sport zum Thema haben, solltest du dies bedenken.
Natürlich werden wir nicht nur auf Social Media mit Körperbewertungen konfrontiert. Doch machen Likes, Teilen und Kommentieren Körperideale messbar, und es ist nicht einfach dem zu entgehen, sofern diese Art der Unterhaltung Teil deines Alltags ist. Plattformen wie Instagram, TikTok oder Threads sind dabei keine neutralen Orte. Sie entscheiden mit, was du siehst, was empfohlen wird – und was nicht. Zum Beispiel zeigt dir Meta, die Firma hinter Instagram und Threads, keine politischen Inhalte, es sei denn, du stellst das selbst ein. Das bedeutet, die Plattformen steuern mithilfe von Algorithmen, was wir sehen und worüber wir reden.
Die Nutzerinnen und Nutzer haben ebenfalls Einfluss darauf, wie sich diese Plattformen entwickeln. Manche Aktivistinnen haben zum Beispiel auf die Änderungen politischer Inhalte reagiert, indem sie ihre Art zu posten verändert haben, damit ihre Inhalte trotzdem in den Feeds auftauchen – etwa, indem sie ihre Körper einsetzen, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Die Aktivistin Madeleine Darya Alizadeh erklärt das so: „Ich gebe dem Algorithmus das, was er sehen will – und verpacke darin Inhalte, die sonst kaum jemand sehen würde.“ Sie spricht beispielsweise im Bikini über politische Themen, um den Algorithmus zu beeinflussen und dennoch in die Feeds zu gelangen.
Dabei stellt sich die Frage, ob Alizadeh diese Art der Körperdarstellung auch nutzen würde, wenn sie nicht den gängigen Schönheitsidealen entspräche – und wenn ja, wie die Reaktionen dann ausfielen. Manche Körper ernten nämlich häufiger negative Kommentare als andere. Das wird dann Bodyshaming genannt.
Was ist Bodyshaming?
Bodyshaming bezeichnet die Abwertung oder Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes. Das äußert sich in Form von direkten Beleidigungen, abfälligen Kommentaren oder auch subtilen Bemerkungen. Besonders betroffen sind Körper, die nicht dem gesellschaftlich propagierten Schönheitsideal entsprechen – sei es aufgrund von Mehrgewicht, Untergewicht, Körpergröße, Hautfarbe oder anderen Merkmalen. Menschen mit Behinderungen oder sichtbaren Besonderheiten sind häufig Zielscheibe von Hass oder Spott.
Bist du sehr kritisch mit deinem Körper? Manchmal schauen Menschen auf sich selbst mit Scham. Sie werten ihren Körper ab, weil der ständige Vergleich mit idealisierten Bildern in den Medien und sozialen Netzwerken ihre Wahrnehmung lenkt. Die AOK gibt an, dass gerade junge Menschen dazu neigen, an sich selbst Makel zu suchen und sich dadurch unsicher und minderwertig fühlen. Laut dieser Befragung schätzen Mädchen ihr Gewicht tendenziell öfter als zu hoch ein, als es tatsächlich ist. Mehr als die Hälfte der befragten Jugendlichen einer Studie von Saferinternet zum Thema „Schönheitsideale im Internet“ würde gerne etwas an ihrem Aussehen ändern, mehr als ein Viertel hat schon einmal über eine Schönheitsoperation nachgedacht. Soziale Medien spielen eine zentrale Rolle bei der Verbreitung und Verstärkung von Bodyshaming.
Manche Menschen werden sogar gezielt mit Hass und Häme attackiert. Wenn das systematisch geschieht – häufig aus dem direkten Umfeld –, so nennt man das (Cyber-)Mobbing.
Cybermobbing
Mobbing stellt die am häufigsten vorkommende Gewaltform dar. Das schließt das sogenannte Cybermobbing mit ein, denn meist setzt sich Mobbing nahtlos im digitalen Raum fort oder hatte dort seinen Anfang. Laut einer Studie des Sinus-Instituts im Auftrag der Barmer Krankenkasse waren 16 Prozent der rund 2.000 Befragten, direkt von Cybermobbing betroffen. Am häufigsten gemobbt wird durch Beleidigungen. Dies geschieht am meisten auf WhatsApp, gefolgt von TikTok und Instagram.
Die Anonymität im Internet und die schnelle Verbreitung von Inhalten erschweren es den Opfern, sich zu wehren und Unterstützung zu finden.
Bodyshaming und Cybermobbing sind ernsthafte Probleme, die nicht unterschätzt werden dürfen. Sie beeinträchtigen das Selbstwertgefühl, die psychische Gesundheit und die soziale Entwicklung von Menschen. Es ist wichtig, ein Bewusstsein für diese Themen zu schaffen, Betroffenen Unterstützung zu bieten und gemeinsam eine Kultur der Vielfalt, des Respekts und der Akzeptanz zu fördern.
Definition „Mobbing“ der Bundeszentrale für politische Bildung
Anlaufstellen
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