Cybermobbing ist Mobbing ist Gewalt
Mobbing und Cybermobbing hinterlassen tiefe Spuren – nicht nur bei den Betroffenen, sondern auch bei den Täterinnen und Tätern sowie im gesamten sozialen Umfeld. Dies gilt für Schulen, Arbeitsplätze, Vereine, Nachbarschaften und Online-Communities gleichermaßen. Die psychischen Belastungen sind oft erheblich und können bis ins Erwachsenenalter andauern. Häufige Folgen sind Ängste, Depressionen, Schlafstörungen und ein vermindertes Selbstwertgefühl. Viele Betroffene ziehen sich zurück und verlieren das Interesse an Hobbys sowie schulischen oder beruflichen Aktivitäten. Ob in der Schule, im Job oder im privaten Alltag: Mobbing kann überall auftreten und das Leben der Betroffenen massiv beeinträchtigen.
Bei den Betroffenen treten häufig Konzentrationsschwierigkeiten, Leistungsabfall oder Vermeidungsverhalten auf, etwa Schulverweigerung, Kündigung des Arbeitsplatzes oder Rückzug aus Vereinen. Manche wechseln die Schule, den Arbeitsplatz oder den Verein, um der Situation zu entkommen. Erfahren die Täterinnen und Täter jedoch von diesem Wechsel, kann das Mobbing fortgesetzt werden – besonders im Internet, wo es keine räumlichen oder zeitlichen Grenzen gibt. Der Ausschluss aus Gruppen, Chats oder sozialen Kreisen führt bei den Betroffenen oft zu Einsamkeit und einem Vertrauensverlust gegenüber anderen.
Unbehandelt können diese Folgen bis ins Erwachsenenalter reichen, zum Beispiel in Form von sozialer Angst oder Schwierigkeiten, stabile Beziehungen aufzubauen. Darüber hinaus kann Mobbing weitere Auswirkungen haben: Einige Betroffene übernehmen das erlebte Verhalten und werden selbst zu Täterinnen oder Tätern. Andere versuchen, die Situation durch ständiges Weglächeln oder Verharmlosen zu bewältigen, was sie jedoch noch tiefer in das belastende Muster hineinzieht.
Die Folgen sind nicht nur individuell, sondern prägen oft ganze Gruppen, Teams, Klassen oder Freundeskreise und können das Klima langfristig vergiften.
Auch für die Täterinnen und Täter hat Mobbing Konsequenzen: Es kann disziplinarische Maßnahmen nach sich ziehen, wie Schulverweise, Abmahnungen oder Kündigungen am Arbeitsplatz sowie den Ausschluss aus Vereinen. Bei schweren Vorfällen wie Beleidigungen und Bedrohungen in Chats, sozialen Medien oder im direkten Kontakt oder der Verbreitung privater Fotos ohne Erlaubnis drohen strafrechtliche Folgen. www.polizei-beratung.de/cybermobbing
Rechtliche Situation
Rechtlich betrachtet ist Cybermobbing kein Bagatelldelikt. Es kann strafrechtlich verfolgt werden, insbesondere bei folgenden Tatbeständen:
- Beleidigung (§ 185 StGB)
- Üble Nachrede (§ 186 StGB)
- Verleumdung (§ 187 StGB)
- Bedrohung (§ 241 StGB)
- Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB)
- Nötigung (§ 240 StGB)
Betroffene können zudem zivilrechtliche Ansprüche geltend machen, etwa Schadensersatz oder Unterlassung fordern. Schulen, Arbeitgeber und Vereine sind verpflichtet, Mobbing zu unterbinden. Bei Untätigkeit können sie haftbar gemacht werden. Bei minderjährigen Täterinnen und Tätern gelten spezielle Regeln des Jugendstrafrechts, wie Erziehungsmaßnahmen statt Haftstrafen.
Wichtig ist: Beweise sichern! Screenshots, Chatverläufe oder Zeugenaussagen sind entscheidend, um rechtliche Schritte einzuleiten. Bei schweren Vorfällen kann eine Anzeige bei der Polizei ratsam sein.
Für die betroffene Gruppe oder Community zerstört Mobbing das Vertrauen und schafft ein giftiges Klima. Viele haben Angst, selbst zum Ziel zu werden, und greifen deshalb nicht ein. Ob in der Schule, im Sportteam oder in der Nachbarschaft – wer schweigt und wegschaut, fühlt sich oft später schuldig, weil sie oder er nicht geholfen hat.
Mobbing in der Schule beginnt oft unscheinbar.
Mobbing beginnt oft unauffällig, etwa durch einen ungeklärten Streit zwischen zwei Personen mit einem klaren Machtgefälle. Eine Person äußert wiederholt abwertende, verletzende Bemerkungen – beispielsweise über das Aussehen, die Kleidung, den sozialen Status oder die Art zu sprechen der anderen Person. Am Anfang lachen einige darüber, andere sagen nichts. Von außen betrachtet, wirkt es wie ein gewöhnlicher Streit, doch die eine Person nutzt jede Gelegenheit, um die andere zu demütigen. Während die Umgebung zunächst wegschaut, entwickelt sich daraus ein Muster: Die eine Person gewinnt Kontrolle, die andere bleibt mit einem zunehmenden Gefühl der Ohnmacht zurück.
Im Laufe der Zeit machen immer mehr Personen mit. Die betroffene Person wird vielleicht nicht mehr in Gruppen gewählt, niemand will neben ihr sitzen oder sie bekommt fiese Blicke in der Pause. Manche lästern oder flüstern hinter ihrem Rücken. Fast alle nehmen das Leid wahr, doch aus Angst, selbst zum Ziel zu werden, wagt niemand, einzugreifen.
Manchmal verlagert sich das Mobbing ins Internet, was als Cybermobbing bezeichnet wird. In privaten Klassenchats wird die betroffene Person verspottet, Fotos werden mit abwertenden Kommentaren versehen. Es entstehen Umfragen darüber, wer „nervt“ oder „komisch“ sei. Cybermobbing findet jedoch nicht nur in Klassenchats statt, sondern in allen digitalen Räumen, wie in sozialen Medien, Foren oder Messengerdiensten. Die Angriffe online sind besonders belastend, weil:
- sie rund um die Uhr stattfinden und sich keine Rückzugsorte bieten;
- sich Inhalte schnell verbreiten: Ein Beitrag, Foto oder Video kann innerhalb von Minuten eine große Gruppe erreichen, sei es die gesamte Schule, das Team oder eine Online-Community;
- die Inhalte dauerhaft bestehen bleiben: Selbst, wenn Beiträge gelöscht werden, können Screenshots weiterverbreitet werden.
Das alles passiert nicht einmalig, sondern über Tage, Wochen oder Monate hinweg. Die betroffene Person zieht sich immer mehr zurück und fühlt sich ohnmächtig, wird trauriger und verunsicherter. Sie entwickelt Angst vor der Schule und ist allein nicht in der Lage, das Mobbing zu stoppen. Deshalb benötigt sie Unterstützung.
Fallbeispiel für eine Intervention, die schief lief (fiktiv):
In der Klasse 9b wird Luca seit Wochen gemobbt. Einige Mitschülerinnen und Mitschüler machen sich sowohl im Chat als auch direkt auf dem Schulhof über sein Outfit lustig, kritisieren seine vermeintliche Unmännlichkeit und schließen ihn aus. Die Klassenlehrerin bemerkt, dass etwas nicht stimmt, und schlägt eine Intervention in der Klasse vor. Das Gespräch verläuft jedoch unglücklich. Es gab keine angemessene Vorbereitung, und die Lehrerin hat nicht deutlich gemacht, dass es vor allem um den Schutz von Luca geht. Stattdessen dominieren die Täterinnen und Täter das Gespräch und verharmlosen das Problem mit Aussagen wie „Luca ist zu empfindlich!“ oder „Das waren doch nur Witze!“. Luca fühlt sich bloßgestellt, da er vor der gesamten Klasse über seine Gefühle sprechen soll, während andere die Augen verdrehen. Am Ende sagt die Lehrerin lediglich: „Seid nett zueinander.“, und die Situation bleibt unverändert.
Besser wäre es gewesen, zunächst mit Luca persönlich zu sprechen und ihn zu fragen, ob und wie er über das Thema reden möchte. Die Lehrerin hätte klare Gesprächsregeln aufstellen sollen, um deutlich zu machen, dass Mobbing kein Streit, sondern ein ernstes Problem ist. Zudem hätte eine neutrale Person, etwa eine Schulsozialarbeiterin, das Gespräch moderieren können.
Informationen zum Thema Intervention: https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/bsfb/einrichtungen-beratung/gewaltpraevention/gewalthandlungen/mobbingintervention-120978
Mobbing ist eine Form von Gewalt und nie in Ordnung. Niemand hat das Recht, andere Menschen schlecht zu behandeln oder auszuschließen. Mobbing betrifft nicht nur die direkt Betroffenen, sondern die gesamte Klasse oder Gemeinschaft. Unterstützung zu suchen ist kein Petzen, sondern ein wichtiger Schritt zur Gerechtigkeit.
Deshalb ist Zivilcourage entscheidend: Wer Ungerechtigkeiten beobachtet, sollte nicht wegsehen, sondern aktiv eingreifen – sei es durch ein klares „Stopp“, durch Unterstützung der Betroffenen oder durch das Hinzuziehen von Erwachsenen. Gemeinsam lässt sich Mobbing wirksam beenden.
Was kannst du tun?
- Hol dir Unterstützung: Mobbing hört nicht von selbst auf. Sprich mit vertrauten Personen, zum Beispiel Eltern, Freundinnen und Freunden, Lehrkräften oder Schulpersonal.
- Beweise sichern (besonders bei Cybermobbing): Erstelle Screenshots von Nachrichten, Beiträgen und Kommentaren und notiere Datum sowie Uhrzeit.
- Täterinnen und Täter blockieren und melden. Vermeide es, deine Konten in den sozialen Medien direkt zu löschen: Ein vollständiger Rückzug, in dem du offline gehst, kann kurzfristig entlasten. Das Löschen hingegen erschwert die Dokumentation und reduziert die Kontrolle über die Situation.
Was können andere tun?
Wenn du mitbekommst, dass jemand gemobbt wird – sei es in der Schule, am Arbeitsplatz, im Verein oder online – kannst du Folgendes tun:
- Zeige Solidarität, selbst kleine Gesten helfen.
- Melde Mobbing an Vertrauenspersonen, wie Lehrkräfte, Schulpersonal, Teamleitungen oder Moderationen von Online-Communities.
- Schau nicht weg. Schweigen schützt oft die Falschen.
Anlauf- und Informationsstellen
In der Schule sind Vertrauenslehrkräfte, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter oder die Schulleitung (zum Beispiel für Eltern) erste Ansprechpersonen. Sie können offizielle Maßnahmen einleiten, wie Gespräche mit Täterinnen und Tätern oder Eltern. Beim Arbeitsplatz können es die Vorgesetzten oder die Personalabteilung sein, falls es keinen Betriebsrat gibt.
www.polizei-beratung.de/cybermobbing
Dieser Text ist mit der Unterstützung von Kaj Buchhofer von der Hamburger Beratungsstelle Gewaltprävention entstanden. www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/bsfb/einrichtungen-beratung/gewaltpraevention/programme/mobbingpraevention
Quellen
Journal of Health Monitoring, Robert Koch Institut: Mobbing und Cybermobbing an Schulen in Deutschland: Ergebnisse der HBSC-Studie 2022 und Trends von 2009/10 bis 2022 – https://www.rki.de/DE/Aktuelles/Publikationen/Journal-of-Health-Monitoring/GBEDownloadsJ/Focus/JHealthMonit_2024_01_Mobbing.pdf?__blob=publicationFile&v=2
Landesmedienzentrum Baden-Württemberg – https://www.lmz-bw.de/medienbildung/themen-von-a-bis-f/cybermobbing/ist-cybermobbing-strafbar-ein-ueberblick
Cybermobbing: Was kann ich gegen Beleidigungen auf WhatsApp tun? Vom 18.11.2000 – Netzteil – Der Tech-Podcast von Der Spiegel – https://www.podcast.de/episode/625315549/cybermobbing-was-kann-ich-gegen-beleidigungen-auf-whatsapp-tun
Studie vorgestellt – Jeder fünfte Schüler wird Opfer von Cybermobbing – HTTPS://WWW.TAGESSCHAU.DE/INLAND/GESELLSCHAFT/STUDIE-CYBERMOBBING-102.HTML
Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes: Sicherheit im Medienalltag: Online Tipps für Groß und Klein – 266-BR-OnlineTipps-fuer-Gross-und-Klein.pdf