Kleidung ist mehr als nur ein Stück Stoff. Sie verrät etwas über unsere Persönlichkeit und beeinflusst, wie wir nach außen gesehen werden (wollen). Was könnte uns wohl der Kleidungsstil über den Charakter der Herrschenden dieser Welt verraten?
Zeko und Gypsy reflektieren darüber, welche Eigenschaften ein sogenannter „bester Freund“ verkörpern sollte, und welchen Stellenwert sie diesem einräumen würden. Tatsächlich kommen beide Autoren kommen zu einem sehr ehrlichen und nachvollziehbaren Ergebnis.
Die Themen dieser Haftnotizen sind wie so oft sehr vielfältig und verweben scheinbar Unvereinbares – wie das bunte Mosaik in einem Stoffmuster.
Wir wünschen viele gute Gedanken beim Lesen!
Hinweis: Die Klarnamen der Verfasser sind durch Pseudonyme ersetzt.
Meinungsfreiheit
Wie immer ist uns Meinungsfreiheit sehr wichtig – deshalb äußert der jeweilige Verfasser seine ganz persönliche Meinung, die nicht unbedingt vom gesamten Team der Haftnotizen geteilt werden muss.
Schreibtrainerin: Tania Kibermanis
Kookie: Welche Bedeutung hat Kleidung?
Text von Kookie (Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
Kleidung bedeutet für mich: Meinen Style, meine Freiheit, sich selbst erfinden.
Als allererstes trägt man überhaupt Kleidung, um sich vor der Kälte zu schützen, seine Intimsphäre zu wahren und sie auch anderen nicht zuzumuten. Praktische Kleidungen sind Schuhe, eine Hose und ein Pullover. Status ist zum Beispiel ein Fendi-Gürtel, oder du trägst eine Rolex – das ist Status für mich. Man trägt also auch Kleidung, um zu zeigen, wer man ist. Die Kleidung sagt meistens etwas darüber aus, ob man Boss ist oder Geschäftsmann im Anzug oder eine Autoritätsperson, zum Beispiel ein Polizist in Uniform.
Ich finde es gut, dass es so viele Klamotten für viele Anlässe gibt. Zum Beispiel tragen die Leute bei einer Beerdigung Schwarz. Das gefällt mir, denn so zeigen die Leute ihre Trauer. Deswegen finde ich Klamotten gut, denn sie vermitteln Gefühle genauso wie Autorität. Klamotten zeigen auch die politische Orientierung. Wenn eine Person zum Beispiel auf seiner Jacke ein Hakenkreuz trägt, dann sieht man, dass das politisch ein Nazi ist. Klamotten können zeigen, wie viel man verdient oder wie hoch der eigene Sozialstatus ist.
Auch ein Richter ist eine Autoritätsperson, und man erkennt ihn sofort an seiner schwarzen Robe. Genauso kann man einen Arzt sofort an seinem Kittel erkennen – so wie eine Putzkraft auch. Der Arzt ist sozial allerdings höher angesehen – er behandelt Krankheiten, während die Putzkraft „nur das Treppenhaus sauber macht“.
Wenn alle Menschen die gleichen Klamotten tragen würden, wäre das für mich nicht so schlimm. Ich würde trotzdem besser aussehen, weil ich meine Klamotten immer gut pflegen und bügeln würde.
Big Mus: Putin
Text von Big Mus (Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
Ich habe neulich eine Doku über Putin gesehen. Ich finde, Putin ist ein emotionsloser Mensch ohne Hemmungen. Er hat einen sehr hässlichen Charakter, weil er immer nur einen kleinen Teil der Wahrheit erzählt. Er verarscht seine eigenen Mitmenschen und zettelt einen Krieg an, obwohl dieser Krieg komplett ungerecht ist. Die Ukraine hat ihm nichts angetan – er wollte einfach nur, dass die Ukraine wieder zu Russland gehört. Das ist echt so ungerecht und verstößt gegen die Völkerrechte. Putin hat es aber auch nicht anders gelernt, aber das soll natürlich keine Rechtfertigung für seine Taten sein. Er war sein Leben lang beim Geheimdienst, Lügen liegt ihm sozusagen im Blut. Er hat wahrscheinlich schon tausende Menschen töten lassen, und jetzt lässt er in den Kriegsgefangenenlagern ukrainische Soldaten foltern. Weitere Infos dazu unter: https://www.amnesty.de/aktuell/russland-ukraine-kriegsgefangene-gefangene-russische-haft-folter-misshandlung. (Anm. d. Red.)
Putin ist in meinen Augen ein Diktator. Und dann kommt noch so ein Trump und versucht, die Ukrainer runterzumachen und als Aggressor hinzustellen, obwohl die Ukraine doch nur ihr Land verteidigen will. Weil die Ukraine kein Mitglied ist, ist die NATO auch keine große Hilfe. Ich denke, anstatt Waffen zu liefern, könnte man daran arbeiten, eine Lösung zu finden, und ich finde es total krank, dass Politiker warten, dass Putin die Ukraine komplett zerstört und erst dann was unternehmen. Die Welt könnte so einfach sein, aber es geht immer nur um Geld und Macht.
Zeko: Mein bester Freund
Text von Zeko (Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
Gibt es überhaupt einen besten Freund? Ich würde grob erstmal „Nein“ sagen – aus mehreren Gründen. Was macht einen besten Freund aus? Da gibt es mehrere Faktoren:
- Loyalität: Er/ sie sollte loyal sein, nicht hinterm Rücken reden, immer hinter einem stehen. Beziehungsweise nicht in den Rücken fallen – mehr will man ja nicht.
- Zuverlässigkeit: Man muss sich auf ihn zu 100% verlassen können, ohne zu zweifeln. Er muss da sein, wenn man ihn wirklich braucht.
- Ehrlichkeit: Keine Geheimnisse voreinander haben. Natürlich gibt es auch persönliche Themen, die man für sich behält. Aber Themen, die mich und meinen besten Freund betreffen, sollte man auch miteinander teilen.
Für mich gibt es keinen besten Freund, aus dem Grund, dass ich nicht mal mir selbst zu 100 % vertraue. Zum Beispiel: Mein bester Freund käme zu mir und erzählt mir von einer Person, mit der ich Streit habe. Er will von mir, dass ich, wenn wir ihn sehen, keinen Konflikt anfange und ihm zuliebe nett zu ihm bin. Ich bejahe das und gebe meinem besten Freund mein Wort. Wir sehen diese Person also, die beiden begrüßen sich. Ich versuche, mich zusammenzureißen, schaffe es aber nicht und greife ihn an. Wie gesagt – ich vertraue nicht mal mir selbst zu 100%. Und so, wie ich die Loyalität zu meinem besten Freund gebrochen hätte, kann mir das auch wieder passieren. Deswegen: Freunde haben – aber keine besten Freunde. Zum Schutz für mich selbst und für den Freund. Denn ich bin eher eine Ein-Mann-Armee.
Gypsy: Kinder
Text von Gypsy (Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
Ich persönlich möchte keine Kinder haben, weil mein Vater zu mir sagte, dass meine Kinder einmal schlimmer werden als ich. Und wenn sie auch nur ansatzweise so schlimm werden, dann – nein, danke. Außerdem habe ich noch einen jüngeren Bruder, der sowieso so aussieht wie ich, und deshalb werden seine Kinder auch Ähnlichkeit mit mir haben, haha. Und ich kann dann ja auch auf meine Neffen aufpassen, und dann der coole Onkel sein. Außerdem möchte ich – falls es doch mal dazu kommen sollte – keine Kinder in die Welt setzen, solange ich noch nichts in meinem Leben erreicht habe: Gute Arbeit, gutes Gehalt, eine halbwegs gute Wohnung und eine Frau, bei der ich mir sicher sein kann, dass wir dem Kind alles bieten können, was es braucht. Und so, wie die Welt gerade aussieht, was allgemein gerade alles abgeht mit Kriegen und dem ganzen Scheiß – in diesen Zeiten sollte man auf jeden Fall kein Kind in die Welt setzen.
Ich stelle mir lieber vor, dass ich ein cooler Onkel wäre. Mit meinen noch kleinen Neffen würde ich coole Ausflüge machen. Ich würde mit ihnen allerdings nicht zum Zahnarzt oder zum Impfen gehen, weil sie ihre schlechten Erfahrungen dann vielleicht mit mir verbinden und deshalb nicht mehr zu mir kommen wollen.
Wenn meine Neffen ein bisschen älter werden, vielleicht 15 sind oder so, dann würde ich gerne ein vertrautes Verhältnis mit ihnen haben, sodass sie mir Sachen erzählen, die sie meinem Bruder vielleicht nicht anvertrauen, weil sie einfach ein entspannteres Verhältnis zu mir haben. Genauso, wenn sie mal Probleme haben, oder wenn sie feiern gehen – dass sie mich anrufen, um sie irgendwo abzuholen. Oder auch andere Sachen, die ihr Vater/ mein Bruder nicht herausfinden soll.
Yourlocalserv: Tunesien
Text von Yourlocalserv (Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
Ich bin hier in Hamburg geboren, meine Eltern kommen beide aus Tunesien. Meine Familie dort besuche ich jedes Jahr. Wenn ich aus Deutschland fliehen müsste, würde ich nach Nordafrika gehen. Ich finde, dass die Menschen in Tunesien viel besser zusammenhalten als in Deutschland. In Hamburg lebt jeder für sich. In Tunesien spüre ich die Gastfreundschaft viel stärker als hier, dazu ist das Wetter dort viel besser. In Tunesien ist alles so vielfältig – vom modernen Stadtgebiet bis zur Wüste und den schönen Stränden.
In meiner Familie sind alle muslimisch. Meine Oma trägt Kopftuch, meine Mutter aber nicht. Meine kleine Schwester trägt auch einen Hijab, wofür sie sich selbst entschieden hat. Meine Eltern waren am Anfang dagegen und haben es ihr nicht erlaubt, da sie ziemlich jung war. Sie hat sich dann zwei Jahre weiterhin damit befasst, und dann haben es ihr meine Eltern schließlich erlaubt. Meine Oma von mütterlicher Seite und meine Schwester sind also die einzigen, die Kopftuch tragen. Von der Seite meines Vaters, die alle in Tunesien leben, trägt auch nur meine Oma Kopftuch. Meine ganze Familie ist streng muslimisch. Dabei sind sie aber sehr modern und offen.
In Hamburg gibt es viele tunesische Läden, wo ich tunesisches Essen, Gewürze, etc bekommen kann. Dort treffen sich viele Tunesier, um gemeinsam Kaffee zu trinken, Karten zu spielen, zu essen, Fußball zu gucken und sich über die alltäglichen Dinge zu unterhalten. Hauptsächlich auf Arabisch. Die meisten, die dahingehen, sind schon etwas älter. Nach der Arbeit chillen sie noch etwas, bevor sie nach Hause gehen. Gerade in Harburg leben sehr viele Tunesier, es fühlt sich manchmal an, als wäre man gar nicht in Deutschland. Aber das Einzige, was mir wirklich fehlt, wenn ich an Tunesien denke, sind das Klima, die Natur und natürlich meine Familie.
Kookie: Was passiert nach dem Tod?
Text von Kookie (Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand)
Ich weiß es natürlich nicht genau, aber ich habe verschiedene Vorstellungen vom Tod. Zum Beispiel lebt man ja wirklich, aber vielleicht ist das Leben auch nur ein Test, und im Paradies sind dann alle gleich, man lebt dort im Luxus. Meine andere Vorstellung ist: Nach dem Tod gibt es nichts. Man ist wie Luft, oder um es besser zu sagen – meine Seele verlässt meinen Körper, und dann ist da nichts mehr.
Wenn ich mir vorstelle, wo ich nach dem Tod bin, dann ist dort alles aus Gold. Es gibt schöne Blumen und Marmor. Und viele schöne Frauen. Und keinen Chef, Boss oder Präsidenten. Es gibt so viel Essen und Trinken, alle sind gleich gut, denn sie sind ja im Paradies, und die Schlechten sind im Feuer. Und es gibt auch kein Geld mehr, sondern alles ist kostenlos. Und da lebt man dann unendlich lang. Das hat man sich ja verdient.
Feedback
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DIE HAFTNOTIZEN
Kolumne mit kreativen Texten aus der JVA Hahnöfersand
Die Autoren sind allesamt Jugendliche und junge Erwachsene aus der Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand. Sie nehmen an der dortigen Gruppe für kreatives Schreiben teil, mit der fachlichen Begleitung der Autorin und Schreibtrainerin Tania Kibermanis.